Horny

Kategorien: Olivers Texte

Wer bei diesem Bild an Sex denken kann sollte den Text besser nicht lesen

Sex? Nein, danke.
Es war ein schleichender Prozess, der bei mir gar nicht viel Aufsehen erregte. Viel mehr wurde ich per Zufall darauf gestoßen, als ich im Wartezimmer einer Arztpraxis abgegriffene Zeitschriften durchblätterte. In einem Artikel (es muss DER STERN gewesen sein) ging es dann zur Sache: Männer haben immer häufiger Libido-Probleme.

Schnell, schneller, am schnellsten, und dann noch rasch zum Yoga/Zumba/Curling und anschließend Aldi. Oder Kram für die Arbeit morgen vorbereiten. Noch mal Facebook checken. Früh aufstehen und die Kinder zur Schule bringen. Funktionieren müssen, tagein, tagaus. Da bleibt die Lust auf der Strecke. So ähnlich bringen es die Experten in dem Artikel auf den Punkt und ich muss zugeben, dass ich mich direkt wieder erkannte. Ich habe zwar weder Kinder noch treibe ich Sport … aber Facebook und Aldi graste ich die Tage schon ab.

Da ich an dem Tag eh schon aufgrund einer hartnäckigen Erkältung beim Arzt war, nahm ich den Artikel gleich mit ins Sprechzimmer und klagte mein Leid.

„Frau Doktor, ich habe keine Lust auf Sex!“
„Das beruhigt mich. Dafür hätten wir nun auch gar keine Zeit.“
„Nein! Ich mein, so schauen sie doch. In dem Artikel sind die Probleme des modernen Mannes aufgelistet. Wir, die Spezies Mann sind gnadenlos mit den Anforderungen des Alltags überfordert. Karrieredruck, Beziehungsdruck, Leistungsdruck. Abgesehen von dem üblichen Morgenlattendruck tut sich rein gar nichts mehr. Frau Doktor, so helfen sie mir doch.“
„Sie könnten luststeigernde Mittel verwenden. Sie wissen schon. Aphrodisiaka.“
„Okay. Übrigens habe ich noch Schnupfen.“

Ich verließ die Praxis und starrte dabei mit Absicht jeder Arzthelferin auf den Hintern, um irgendwelche Gelüste bei mir festzustellen. Doch es tat sich nichts. Muss wohl schlimmer sein, als ich zunächst annahm.

Daheim angekommen checkte ich (nach Facebook) erst mal Wikipedia in Sachen Aphrodisiaka. Eine Auflistung der seltsamsten Luststeigerungsmittel verdarb mir noch mehr die Laune. Nashornhörner, fein gerieben mit Löwenurin samt der Essenz von Tigerhoden? So was kann doch gar nicht schmecken! Von den Schwarzmarktpreisen ganz zu schweigen. Ich wüsste nicht einmal, wo ich das Zeug her bekommen sollte. Auch wenn es in Asien recht populär zu sein scheint, möchte ich nun nicht im China-Imbiß nachfragen.

Viel hilfreicher war da eine kleine überschaubare List von natürlichen Luststeigerungsmitteln. Da fanden sich diverse Kräuter und andere Nahrungsmittel, die ich allesamt bei meinem üblichen Gang zum Aldi einsacken könnte. Gesagt, getan. Ich startete somit meinen Lusteinkauf beim Discounter meiner Wahl und kaufte neben all den Kram noch zwei weitere Artikel, um von meinem Vorhaben abzulenken. Düsseldorfer Senf und eine Dose Thunfisch.
Einige Artikel, die ich im Netz fand, richteten sich wohl eher an eine weibliche Zielgruppe. Zum Beispiel Bananen und Avocados. Die ließ ich einfach liegen. Man muss es ja nicht übertreiben.

Wieder daheim angekommen, erstellte ich direkt eine Youtube-Playlist mit sexy Songs von Marvin Gaye, Barry White und diversem Pornorap, um mich zusätzlich in Stimmung zu bringen. Let’s get it on … Mädels, haltet euch fest – Big Daddy hat eingekauft.
Ich öffnete ein paar Gewürzstreuer, die ich gerade erstanden hatte und stellte sie nebeneinander vor mir auf einen Tisch. Zimt, Vanille, Thymian, Koriander, Muskatnuss und Chili. Ich atmete so tief ein, wie es nur ging. Der blöde Restschnupfen verhinderte doch eine stressfreie Atmung. Blöd. Als ich dann zum Ende total übertrieben fast den gesamten Chilistreuer einatmete, wurde es endlich heiß. Nur auf die falsche Art und Weise. Meine Augen fingen an zu brennen/tränen und ich dachte nur: So muss sich spontane Selbstentzündung anfühlen. Gar nicht gut!

Dabei sollten alleine diese Gewürze schon anregend wirken. Musste ich also direkt zum härteren Zeug greifen.
Laut meiner kleinen Einkaufsliste sollen Datteln, Austern, Granatäpfel, Ingwer, Kokosnüsse und Trüffel auch ordentlich in Fahrt bringen. Dumm nur, dass Aldi nichts davon in seinem Programm führt. Also musste ich mich mit dem Rest meiner Liste abfinden: Schokolade, Honig und Zwiebeln.

Passenderweise stimmt Marvin Gaye gerade per YouTube „Sexual Healing“ an, als ich ein Stück Schokolade in das Glas Honig eintunke. Die Zwiebel hatte ich zu Zwiebelringen verarbeitet, die ich direkt nach der Schokolade verzehrte. Die Kombination schmeckte widerlich. Es konnte demnach nur gut sein. Wie eine bittere Pille oder so. Ich wartete auf die einschlagende Wirkung.
Drei Tafeln Schokolade und zwei Zwiebeln später hatte ich die Nase voll. Erstens war mir schon extrem schlecht und zweitens stellte sich immer noch kein Viagra-Gefühl ein. Davon abgesehen stank ich bereits so abartig nach Zwiebeln, dass eh keine Frau auf Tuchfühlung mit mir gehen würde.

Das war es wohl, mein Sexleben. Adieu, schöne Stunden der Wolllust! Ihr hattet es gut mit mir gemeint. Was soll die Aufregung auch? Auf die Qualität kommt es an. Nicht auf die Quantität! Außerdem kann ich mich nun wieder auf wichtigere Dinge konzentrieren, da das Thema endlich komplett vom Tisch ist. Ja! Das werden gute Jahre! Lieber auf die Hobbies und Interessen konzentrieren, denn sich irgendwo das Hirn rauszu…

Am nächsten Tag fand ich mich im China-Imbiß wieder. Der nette Chinamann konnte mir nicht direkt weiterhelfen, aber sein Schwippschwager aus Dormagen lässt sich das Mittel direkt aus Südafrika importieren und schwört drauf. Der Preis ginge natürlich nicht in Ordnung. Aber was tut man nicht alles. Von daher kaufte ich nur ein kleine Portion gebratene Nudeln.

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  • Wollust schreibt man noch immer nur mit 2 (in Worten: ZWEI!) L!
    Merke er sich das mal.
    Das mit 3 sieht nach „mäh“ aus 😛
    Wir schrieben schon mal darüber. Erinnere dich ….

    Ansonsten ist das eine recht gelungen Abhandlung. Echt!


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